Am Samstag 4. Februar 2012 lud die Gessnerallee Zürich zu einer Nachhaltigkeitsmesse ein. Interessant wurde das Thema Nachhaltigkeit in künstlerischer Perspektive aufgearbeitet und präsentiert. Und so hatten wir die Möglichkeit mit unserem frisch gewonnen WWF Hub Fellowship beim Programm mitzuwirken. Wir konnten unsere Aspekte der Nachhaltigkeit der Öffentlichkeit vorstellen und uns mit verschiedenen Organisationen und Erwerbstätigen auszutauschen.
Die Messe war so aufgebaut, dass in der Halle vom Stall6 die Messe stattfand, während hinten auf der Bühne 4 mal eine andere Performance zum Thema Nachhaltigkeit mit SchauspielerInnen der Hochschule der Künste zu sehen war. Kam man in die Messe hinein, konnte man sich mit Information und nachhaltigen Produkten aller Art eindecken und wurde sogleich von einer Notfallübung unterbrochen. Dabei animierten die beiden Performancekünstlerinnen zwei Freiwillige zum mitmachen und entführten sie dann nach hinten. In der Halle machten wir Bekanntschaft mit interessanten Menschen und Ihren Ideen: Eric Meili von Meilibeef, der Fleisch in Muttertierhaltung produziert, die Winzer vom Weingut Stammerberg, die Bioweine produzieren, waren da und die Genossenschaft Kalkbreite, die im Kreis 3 in Zürich Wohnungen nach ökologischen Richtlinien baut, die ab 2014 bezogen werden können oder die Sichtbar GmbH, die aus Recyclingmaterial schöne Büchlein bindet. Auch NeustartSchweiz war präsent, ein Verein, der sich für eine Gesellschaft einsetzt, die zurück geht zu einer bescheidenen Lebensweise, in der lokal und umweltfreundlich produziert wird und das soziale Leben durch Nachbarschaft, Interaktion und gemeinsames Eigentum verbessert wird.
Securing Energy
Für die Performance «Securing Energy» musste man gute Englischkenntnisse haben. Zwei Businessleute, eine Frau und ein Mann im Anzug versuchten energiesparende Elektrogeräte an die Zuschauer zu bringen, was sehr amerikanisch anmutete. So war dann auch alles „hudge, giant, incredible und amazing“, uns auch recht, das wichtigste ist schliesslich, dass am Ende alle zufrieden sind und weniger Energie verbrauchen. Auch der Staubsaugerroboter für gestresste Leute gehört zum Sortiment.
Consuming Energy
Danach ging es zur Performance «Consuming Energy», eine sehr originelle Art ein Podiumsgespräch abzuhalten. Die Gäste durften rund um die Gesprächsrunde Platz nehmen und gemütlich ein Menu zu sich nehmen. Ein diskreter Wink gegen FleischliebhaberInnen war die Art, wie das Menu mit Fleisch serviert wurde; in einem Fast-Food Pappbehälter, während die Teller der Gäste, die sich für ein vegetarisches Menu entschieden hatten, eine Freude für den Gaumen und die Augen war. In der Diskussion ging es um das Thema, wie die Klima- und Umweltprobleme in der Welt zu lösen waren. Am Gespräch nahmen die Politologin Dr. Regula Stämfpli, Prof. Daniel Spreng von der ETH, die Geographin Dr. Chinwe Ifejika Speranza und Dr. Marco Salvi, Projektleiter bei Avenir Suisse teil, geleitet wurde es vom Journalist Philipp Löpfe. In der Runde prallten verschiedene Perspektiven aufeinander, so dass die Energie, die dabei frei wurde, gereicht hätte das Gebäude der Gessnerallee zu beheizen. Interessant war, dass es einmal sogar um die Rolle von Mann und Frau ging. Als Frau Stämfpli sehr provokativ in die Runde warf, Frauen seien keine besseren Menschen als Männer wurde klar, dass es in der Klimadiskussion auch darum geht die bestehenden Werte einmal zu überdenken und fähig zu sein die Perspektive zu wechseln. Besonders schön war dazu die afrikanische Perspektive von Frau Chinwe Ifejika Speranza, die immer wieder auf die ungerechte Verteilung der Reichtümer dieser Welt und die Ausbeutung von Arbeitskräften und der Umwelt ansprach und somit die Aufmerksamkeit auf die Ursachen der Probleme lenkte und nicht immer nur darauf, wie man die Symptome bekämpfen sollte. Sie sprach auch ein anderes Thema an, nämlich dass die Bevölkerung in den afrikanischen Ländern keinen Zugang zur Bildung habe, ein weiteres Menschenrecht ist, das in vielen Ländern nicht respektiert wir und zu Armut und Umweltproblemen führt. Mit Bildung meinte sie nicht nur, das was wir aus europäischer Sicht unter Bildung verstehen, nämlich Schulbildung, sondern dass die Leute informiert werden und mitbestimmen können, wenn wichtige Entscheide gefällt werden. Dass sie die nötigen Informationen bekommen um einerseits zu verhindern, dass die Bodenschätze ihres Landes zu einem lächerlichen Preis ans Ausland erkauft werden und andererseits, dass sie genug gut ausgebildet werden, um sich selbst versorgen zu können. Dagegen war seitens von Herr Salvi ein typisch wirtschaftlicher Diskurs zu hören, der betonte wie gut hier in Europa alles funktioniere und die Probleme damit zu lösen seien, indem man unser Wissen in die Entwicklungsländer exportiere. Dabei wurde einem beinahe übel, obwohl die Kohl-Roulade mit Härdöpfelstock köstlich schmeckte.
Expanding Energy
Das Highlight des Abends war die letzte Performance «Expanding Energy», bei der viele KünstlerInnen zusammen auf der Bühne standen. Die Show begann ruhig und reflexiv damit, dass die Zuschauer verschiedene Versprechen machen konnten, um im Alltag weniger Energie zu verbrauchen. Beim Vorschlag, das Auto eine Woche lang nicht zu benutzen, während einer Woche nicht fernzusehen oder einen Monat lang kein Fleisch zu essen war es noch relativ einfach, schwieriger wurde es damit, einen Monat lang keinen Gebrauch vom Internet zu machen oder pro Tag nur 2 Minuten zu duschen. Am schwierigsten war wohl das Vorhaben einen Baum zu pflanzen, der die nächsten 10 Jahre auch sicher überlebt. Dafür haben nur ein paar wenige einen Badge mit der Aufschrift „I made a promis“ bekommen. Gute Inputs auf jeden Fall! Der zweite Teil der Performance kam ohne grosse Worte aus und erzählte die Entwicklung der Menschheit. Das begann sehr ruhig und endete so laut und bewegt, dass es einem zeitweise fast schwindlig wurde. Die Künstler wollten zum Ausdruck bringen mit was für einem wahnsinnigen und Rasenden Tempo wir heute unsere Energie und die unserer Erde verbrauchen und vor lauter Rennen, konsumieren und uns verbeugen müssen, total ausser Atem geraten. So rannten dann auch Leute von allen Seiten und auch rückwärts über die Bühne und inszenierten am Schluss ein gemeinsames Rennen auf die ZuschauerInnen oder einem Ziel zu, dass niemandem klar zu sein schien.
Wohin rennen wir? In den Abgrund oder in eine Welt, in der wir es schaffen das zerstörerische Tempo wieder etwas zu bremsen?